Jubiläum auf 42 Kilometern

Wenn Familie Koczessa die Kilometer zusammenrechnen würde, die sie auf dem Darß schon gelaufen ist – da wäre schnell eine vierstellige Zahl erreicht. Kathrin und ihr Vater Günter sind fast von Anfang an dabei: „Nur den allerersten Darß-Marathon haben wir verpasst“, sagt die 47-Jährige. Auch ihre Mutter macht mit – auf der Walking-Strecke.
Vor mehr als 20 Jahren hat die Lauf-Leidenschaft die Koczessas aus Nassenheide nahe Oranienburg erfasst: „Mein Vater und ich wollten irgendwann etwas für unsere Gesundheit tun.“ Schnell wurde aus dem gelegentlichen Laufen eine Faszination. „Bei diesem Sport ist man in der Natur, kann unabhängig von der Arbeitszeit trainieren. Und es geht überall, denn man braucht nicht mehr als seine Laufschuhe.“
Freunde erzählten, der Darß-Marathon sei lohnenswert. Und tatsächlich: „Wir sind hingefahren, haben teilgenommen und fanden es total schön.“
Mehrere Strecken zur Auswahl
Kathrin Koczessa-Drößler startet meist beim Halbmarathon. „Ich bin auch schon die ganze Strecke gelaufen, aber so ist die Trainingsintensität überschaubarer. Und ich bin schneller am Ziel“, lacht sie. Bei all ihren Starts hat sie es aufs Podium geschafft. Der größte Erfolg: der Sieg auf der Halbmarathon-Distanz im Jahr 2016. „Das war nicht meine beste Zeit, aber ich war eben die erste Frau im Ziel.“
Manchmal tritt sie auch beim Zehn-Kilometer-Lauf an. Der wird seit einigen Jahren für diejenigen angeboten, die sich die halbe oder ganze Marathonstrecke nicht zutrauen. Dieser Familienlauf führt durch die Wiesen bei Wieck und auf den Deichen am Bodden entlang.
Eine Pause hat Kathrin nur um 2010 gemacht, als sie Mutter wurde. Ein paar Jahre später startete ihre Tochter Charlotte auch: zuerst beim Bambini-Lauf, inzwischen beim Jugendlauf. Und auch ihren Mann Thomas hat Kathrin längst mit dem Darßmarathon-Virus angesteckt.
Aber das Ganze ist keine Familiensache mehr: Auch die Laufgemeinschaft Oberhavel reist mit auf die Halbinsel. „In unserem Verein sind 111 Mitglieder, davon 80 Kinder“, erzählt Kathrin, die dort Vorsitzende ist. „Natürlich kommen nicht alle mit, aber etliche Erwachsene sind jedes Jahr dabei.“

Kathrin Koczessa-Drößler unterwegs im frühlingsgrünen Darßwald.
Für die ganze Familie
Genau das wollten die Organisatoren erreichen: eine Veranstaltung für große und kleine Laufbegeisterte, die ein Wochenende an der Ostsee verbringen wollen. Das ist gelungen: 2025 startet der Darß-Marathon bereits zum 20. Mal.
Die Idee war in der Darßer Arche, dem Nationalparkzentrum, entstanden. „Eine der Aufgaben war die Umweltbildung“, sagt Yves Scharmberg, heute der Chef-Organisator. „Und mit so einem Lauf kann man auf die Natur hinweisen, Tourismus und Sport miteinander verbinden.“ Von Anfang an waren auch die Orte Born und Wieck, Prerow und Ahrenshoop beteiligt. Seit 2011 organisieren die Gemeinden das Event zusammen.
Nicht nur geübte Läufer finden hier ihre Herausforderung: Am Sonnabend werden für Kinder und Jugendliche kürzere Strecken angeboten, dazu der Familien-Minimarathon und ein Zehn-Kilometer-Lauf. Erst am Sonntag starten die Hauptläufe: ein Halbmarathon für Läufer, Walker und Nordic Walker sowie die komplette 42-km-Strecke für Läufer.

Organisator Yves Scharmberg und Familie
Koczessa-Drößler freuen sich jedes Jahr auf ein Wiedersehen.
Helfer mit Herzblut
Die lange Liste der Aufgaben wird von ehrenamtlichen Helfern bewältigt, die zum Teil schon viele Jahren dabei sind: Strecken markieren, Startunterlagen oder Verpflegung ausgeben, Fragen beantworten. Die Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdienste und das Technische Hilfswerk sichern die Veranstaltung ab.
Das wissen auch die Teilnehmer zu schätzen. „Das ist schön und etwas ganz Besonderes“, findet Kathrin Koczessa-Drößler. Die Organisation lief von Anfang an rund. „Die Leute sind mit so viel Herz dabei."
Der Zeitpunkt im Frühjahr ist günstig, meint Scharmberg. „Das ist natürlich eine saisonverlängernde Veranstaltung. Und außerdem sind noch nicht so viele Urlauber da, die gestört werden könnten.“ Insgesamt hat sein Team etwa fünf Wochen mit all den Aufgaben zu tun.
Anmeldungen kommen aus ganz Deutschland, auch wenn inzwischen überall immer mehr Laufveranstaltungen angeboten werden. Etwa die Hälfte, schätzt der Organisator, sind Enthusiasten, die regelmäßig starten. Auch Vater und Tochter Koczessa waren schon auf dem Rennsteig in Thüringen oder beim New-York-Marathon dabei.
Aber hier nehmen auch Einheimische teil, die erst durch den Darß-Marathon überhaupt zum Laufen oder Walken gekommen sind. „Und es gibt viele Gäste, die den Lauf seit Jahren mit ihrem Urlaub hier verbinden“, weiß Scharmberg. Auf diese Art habe die Veranstaltung eine große Bedeutung für die gesamte Region und sei längst zu einem ihrer Aushängeschilder geworden.

Auch das große Team der Helfer hat viel Spaß dabei.
Ein ganz besonderes Wochenende
Familie Koczessa und die Organisatoren auf dem Darß sehen sich nur das eine Mal im Jahr, aber die Begegnungen sind immer heiß ersehnt: „Meist holen wir unsere Startnummern ab, sobald wir angereist sind“, erzählt Kathrin. „Denn es ist einfach schön, all die bekannten Gesichter wiederzusehen. Und wir schnuppern schon mal ein bisschen Wettkampfluft.“
Die Brandenburger wohnen immer in einem Prerower Hotel. Am Sonnabend – nach Frühstück und Strandspaziergang - stehen für sie die ersten Starts in Wieck auf dem Programm. „Und wir treffen immer Leute, die wir schon aus anderen Jahren kennen. Wir haben ja alle dasselbe Hobyb.“
Am Abend darf das gemeinsame Essen in einem Café in Prerow nicht fehlen. Da brauchen wir immer einen großen Tisch.“ Der Abend klingt in Ruhe aus, vielleicht mit einem Spaziergang auf der Seebrücke.
Denn am Sonntag wird´s ernst: Die Marathonläufer gehen auf die Strecke von Wieck über die Boddenwiesen nach Prerow, dort durch den
Wald und am Steilufer entlang bis Ahrenshoop, durch ganz Born und über den Boddendeich zurück zum Ausgangspunkt in Wieck. Gut die Hälfte der Strecke führt über Natur- und Waldwege. So wird – ganz nebenbei – den Teilnehmern der Nationalpark nähergebracht. „Wir sind ein Natur-Erlebnislauf“, sagt Scharmberg. Maximal 1.000 Läufer dürfen beim Marathon starten – aus Rücksicht auf den Nationalpark.
Die schnellsten Halbmarathon-Starter kommen nach etwa anderthalb Stunden ins Ziel, die Läufer auf der 42-Kilometer-Strecke brauchen mehr als doppelt so lange.
Die Familie aus Brandenburg freut sich – neben der sportlichen Herausforderung – auf die freundliche, familiäre Atmosphäre beim Darß-Marathon. Das empfindet Organisator Scharmberg genauso: „Bei uns geht es nicht so sehr um Bestzeiten, sondern darum, dass die Läufer gesund ankommen.“ Durch die Begrenzung der Teilnehmerzahl bleibe die Stimmung entspannt und persönlich.
Dieser Artikel stammt aus dem Urlaubsmagazin Fischland-Darß-Zingst 2025.
Text: Dörte Rahming - wortlaut-rostock.de
Fotos: ©Voigt & Kranz UG - ostsee-kuestenbilder.de