Beobachterin mit Herz

Käthe Miethe
Voigt & Kranz UG

von Urlaubsmagazin 2025

Es war eine Gabe: die Umgebung genau zu beobachten, die Menschen zum Reden zu bringen und später alles präzise zu beschreiben. „In Käthe Miethes Texten gibt es nicht viele Schnörkeleien, dafür sind sie klar und detailgetreu, aber auch sinnlich“, sagt Solveig Crohn, die drei Jahre in der Bibliothek in Ahrenshoop gearbeitet hat. Der 34-Jährigen ist die Heimatschriftstellerin schon seit der Kindheit ein Begriff.

 

Käthe Miethe wurde 1893 in Rathenow geboren, aber ihre Familie war regelmäßig auf der Halbinsel. Als Erwachsene arbeitete sie als Bibliothekarin und Journalistin in Berlin und half im Ersten Weltkrieg als Krankenschwester beim Belgischen Roten Kreuz.

 

Doch das Fischland ließ sie nicht los. „Ihr Vater schenkte ihr ein kleines Haus in Althagen, das er einem Maler abgekauft hatte“, erzählt Crohn.

„Es steht dort bis heute, darin wohnt sogar noch der Patensohn von Käthe Miethe.“

 

1939 zog sie ein. Das alte Haus hat kleine Räume, niedrige Decken – aber die Veranda ist hell. „Von dort hatte sie den Blick auf den Bodden mit den Zeesbooten. Und auch den Pavillon gibt es noch, in dem viel gefeiert wurde.“ Über die Zeit in ihrem Häuschen schrieb die Autorin das Buch „Unterm eigenen Dach“.

 

Sie war alleinstehend, hatte aber immer einen guten Zugang zu Kindern und Jugendlichen. Oft waren einige bei ihr zu Gast, halfen bei der Gartenarbeit und hörten zu, wenn Käthe Miethe vorlas. „Sie hat ja auch viele Mädchenbücher übersetzt, vor allem aus dem Norwegischen“, weiß die Expertin.

„Man sieht wohl die Nebelsignalstation, die Dächer von Dierhagen und die wandernden Kühe auf den Wiesen, und doch ist die Welt so neu und unberührt, als käme Sie soeben aus Gottes Hand.“
Käthe Miethe, zitiert nach „Wie schön! Wie schön! Fischland, Darß und Zingst literarisch“ von Kristine von Soden

Chronistin des Fischlandes

Fotos von Käthe Miethe zeigen eine Frau mit herben, aber freundlichen Gesichtszügen, die meist Männersachen trug. Sie gehörte zu den „Isenbahnern“, also den Leuten, die mit der Eisenbahn kamen. Eine Einheimische war sie also nicht, aber sie hatte bald einen guten Draht zu den Fischern und Bauern gefunden. „Sie war starke Raucherin, starke Trinkerin“, berichtet Crohn. „So saß sie mit den Leuten im ‚Kap der Guten Hoffnung‘, einer Kneipe in Niehagen, hörte zu und wurde akzeptiert.“ Sie soll auch oft inkognito im Café „Malchens“ gesessen, Weinbrand aus Mokkatassen getrunken und Zugang zu den Menschen gesucht haben.

 

Käthe Miethe beobachtete jedes Detail des Alltags, interessierte sich für alles, was in der Gegend passierte. In ihrem Buch „Das Fischland“ von 1949 erzählte sie die Geschichten der Menschen aus Wustrow, Althagen und Ahrenshoop – immer detailgetreu und realistisch. Es geht um Traditionen wie das Tonnenabschlagen, um die Entwicklung der Künstlerkolonie, aber auch um Veränderungen in der Natur wie Küstenabbrüche nach Sturmfluten oder Katastrophen wie schwere Brände im Ort. Es gibt sogar plattdeutsche Abschnitte, in denen sie ihre Protagonisten selbst sprechen lässt.

Die Schriftstellerin lebte unkonventionell, hatte aber dennoch konservative Ansichten zu vielen Dingen. „Ich denke, das macht diese Heimatliteratur aus. Sie widmete diesem Landstrich viel Liebe, aber auch viel Sorge. Und noch heute findet man in ihren Texten aktuelle Bezüge“, findet Crohn. So wurde Miethe quasi zur Chronistin des Fischlandes. Sie starb 1961 am Tag nach ihrem Geburtstag und wurde auf dem Friedhof in Wustrow beerdigt. „Passend zu ihr ist sogar das Grab schnörkellos.“

 

Das Interesse an dieser besonderen Frau ist ungebrochen. In der Bibliothek werden ihre Bücher häufig ausgeliehen. Jedes Jahr im März organisiert Solveig Crohn in Ahrenshoop die Käthe-Miethe-Tage mit Lesungen und Rundgängen. Und auf einem Stammtisch treffen sich Interessierte einmal pro Monat in Wustrow, dort bekommen auch heutige Autoren die Gelegenheit, sich vorzustellen.

Porträt Käthe Miete, gemalt von Thekla Köhler-Achenbach
Voigt & Kranz UG

Porträt Käthe Miete, gemalt von Thekla Köhler-Achenbach

Solveig Crohn
Voigt & Kranz UG

Solveig Crohn liest immer am 11. März, dem Geburtstag der Autorin, aus deren Werken.

Dieser Artikel stammt aus dem Urlaubsmagazin Fischland-Darß-Zingst 2025.
Text: Dörte Rahming - wortlaut-rostock.de
Fotos: ©Voigt & Kranz UG - ostsee-kuestenbilder.de

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